Verfrühte Vorschusslorbeeren"Werther" von Jules MassenetAufführung vom 5. Jänner 2008 in der Wiener StaatsoperAls Rolando Villazon die Bühne betrat, setzte Beifallsorkan ein. Das Publikum begrüßte ihn überschwänglich und wollte kundtun, wie sehr es sich freut, ihn wieder hören zu dürfen. Jedoch zeigte sich bald, dass die Vorschusslorbeeren verfrüht waren. Die Aufführung wurde zum Abgesang eines gefeierten jungen Tenors auf sich selbst. Er hatte ein halbes Jahr mit dem Singen ausgesetzt, um seine Stimme zu schonen und sie in neuem Glanze erstrahlen zu lassen. Doch was zu hören war, entsprach alles andere als den hohen Erwartungen, die er in sich und wohl auch das Publikum in ihn setzte. Zuerst begann er zaghaft und vorsichtig. Jeden höheren Ton schien er mehr zu markieren als auszusingen. Man dachte, dass dies vielleicht nur am Beginn so sein werde, doch auch im Laufe der Vorstellung konnte er sich nicht steigern. Er sang die höheren Töne entweder gar nicht oder eine Note zu tief. Fortetöne ließ er nicht aufkommen, sondern versuchte ständig, im Piano zu bleiben. Es war geradezu erschütternd, diesem Fiasko beizuwohnen. Für die schöne Sophie Koch als Charlotte gestaltete es sich belastend, einen solchen Partner zur Seite zu haben, doch sie rettete mit ihrer frischen, jugendlichen Höhe und sehr warmen Mittellage den Abend. Auch Markus Eiche gab als Albert eine passable Darbietung. Dirigent Marco Armiliato gelang es nicht, der Musik Massenets Inspiration zu verleihen. Es klang alles ein wenig bleiern, was man hier hörte. Rainer Honeck bezauberte mit einigen Violinsoli, ansonsten bemühte sich Clemens Horak auf der Oboe; Ernst Ottensamer tauschte an dem Abend mit seinem 22-jährigen Sohn. Daniel Ottensamer spielte 1. Klarinette, sein Vater 2. Klarinette, was jedoch der Qualität der Aufführung keinen Abbruch tat. Am Ende der Vorstellung wurde Sophie Koch mit viel Beifall bedacht; das Wiener Publikum, das beste und treueste der Welt, bejubelte trotz des stimmlichen Desasters Rolando Villazon. Ob Villazon in Zukunft davon leben kann? 6. Jänner 2007 |