Traumpaar der Oper

"Werther" von Jules Massenet

Vorstellung in der Wiener Staatsoper vom 17. Januar 2011

Es gibt immer wieder Momente im Leben, in denen man weiß, dass sie unwiederbringlich sein werden. Dies ist ein Abend mit Sophie Koch und Jonas Kaufmann in der "Werther"-Inszenierung der Wiener Staatsoper.

Die Inszenierung von Andrei Serban ist zumindest nicht enorm störend - dies hat die Dankbarkeit des Publikums zur Folge. Störend ist leider der Dirigent Frédéric Chaslin, der uninspiriert dirigiert und dabei auch so mancher Schlampigkeiten der Intonation des Orchesters ausgeliefert ist. Bemerkenswert allerdings der junge Erste Klarinettist Matthias Schorn, der einen besonders warmen Klang auf seinem Instrument vernehmen lässt.

Adrian Eröd als der bereits bekannt verlässliche Albert - feiner Bariton, ernstzunehmen in der Darstellung. Ileana Tonca als Sophie erweist sich mit ihrem jugendlich frischen Sopran als adäquate Besetzung.

Doch nun zum Höhepunkt: Sophie Koch als Charlotte, wunderschön in ihrer Erscheinung, zart im Ausdruck, voll rund ihr Mezzosopran. Auch ihre Höhe ist sicher und klingt innig. Eine Frau, bei der das Leiden über die unerfüllte Liebe des jungen Werthers nachvollziehbar ist.

Jonas Kaufmann ist in jeder Szene sowohl Augenweide wie Ohrenschmaus. Kann man sich jemals wieder einen anderen Werther vorstellen? Das ist das Fatale an seiner Person. Hat man ihn einmal in einer Rolle erlebt, will man keinen anderen darin mehr hören. Sein jugendliches, schönes Aussehen und seine bis in kleinste Gesten durchdachtes Spiel ergeben einfach den Inbegriff des perfekten Sängers. Seine baritonal gefärbte Mittellage verwischt das Bild des oft dumm anmutenden hellstimmigen Tenors. Er wirkt stets männlich, stark und dennoch sensibel und einfühlsam. Die kräftige Höhe lässt das Publikum den Atem stocken. Diese Spannung löst sich nach dem phänomenal gesungenen "Pourquoi me réveiller", worauf das Publikum jubelt und orkanartigen Beifall spendet.

Das sind Sternstunden der Oper, die schon allein das Leben lohnen. Der Dichter Fernando Pessoa schrieb in seinem "Buch der Unruhe": Der Wert der Kunst besteht darin, dass sie uns aus dem Hier holt.

Das ist an diesem Abend der Kunst vollauf gelungen.

18. Januar 2011
Eleonore Moser