Ein wahrhaft göttlicher Wotan"Die Walküre" von Richard WagnerVorstellung vom 5. Juni 2011 an der Wiener StaatsoperDiese zum Teil kitschige und unschlüssige Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf muss man gedanklich beiseite schieben, anders sind die Hutschpferde, welche Brünnhilde umringen, nicht zu ertragen. Es scheint dem Regisseur Bechtolf entgangen zu sein, dass Brünnhilde lediglich von ihrem Pferd Grane treu begleitet wurde und keineswegs alle Walküren-Pferde auf dem Felsen ihre Wacht halten. Davon jedoch abgesehen, ist dieser Walküren-Abend ein Ereignis. Dies gilt vor allem aufgrund des erstmalig in Wien als Wotan zu hörenden Tomasz Konieczny. Was er aus dieser Partie macht, ist unvergleichlich. Konieczny ist ein junger, attraktiver Wotan, der mit seiner Wortdeutlichkeit besticht. In der Mittellage und in der Höhe fühlt er sich ganz besonders wohl, weil er hier eine metallene Prägnanz aufzubieten hat, aber auch die dunklen Töne meistert er mit seinem Bariton fabelhaft. Dazu gesellt sich eine ungeheure Bühnenpräsenz, die auf hohem schauspielerischen Niveau gegründet ist. Seit Hans Hotter hat mich kein anderer Wotan so sehr überzeugt und begeistert wie der Pole Tomasz Konieczny. Ihm steht an Ausdruckskraft sowohl schauspielerisch als stimmlich Ain Anger als Hunding nicht nach. Auch dieser ist ein Glücksfall von Bassbariton. Die Sopranistin Ricarda Merbeth gibt mit ihrer Sieglinde ein überzeugendes Rollendebüt. Ihre leuchtende, jugendliche Stimme ist für die Partie bestens geeignet, bloß an der Darstellung könnte sie noch etwas feilen. Ein weiterer erfreulicher Aspekt dieser Aufführung ist der Tenor Christopher Ventris. Es ist an ihm einfach alles vorhanden, was ein guter Siegmund aufweisen soll - eine sichere strahlende Höhe, eine kräftige Mittellage sowie die überzeugende Darstellung. Weshalb hat es so lange gedauert, bis man ihn hier engagierte? Michaela Schuster als Fricka bietet erneut eine großartige Leistung. Ihre noble Darstellung und ihr wohlklingender Mezzosopran sind Wohltat für Aug' und Ohr. Doch nun zum weiteren entscheidenden Höhepunkt des Abends: Franz Welser-Möst als Dirigent. Besser kann keiner eine "Walküre" dirigieren. Hier stimmt einfach alles, denn Welser-Möst geht mit viel Feingefühl auf die Sänger ein, baut enorme Spannung auf, lässt jede Solostimme des Orchesters gut hervortreten, ohne die immense Fülle der Klangwirkung zu vernachlässigen. Er ist ein Dirigent, den ein Opernhaus nicht genug schätzen kann. Seien wir froh, dass er bei uns ist. Das Orchester fühlte sich hörbar wohl unter seinem Dirigat und spielte mit enormer Präzision und Perfektion. Diese "Walküre" ist ein Abend der Sonderklasse und Bayreuth könnte sich glücklich schätzen, wenn es eine solche Vorstellung anzubieten hätte. 6. Juni 2011 |