Das Wunder Netrebko
"Turandot" von Giacomo
Puccini
Vorstellung
an der Bayerischen Staatsoper, München
am 28. Januar 2020
Das muss man dem Bachler lassen: Einen
Riecher hat er. Ist das Programm der Bayerischen STO insgesamt wesentlich weniger
reichhaltig als in Wien, so sind dort immer wieder Höhepunkte angesagt, die
in Wien eben seit etlichen Jahren fehlen!
In München ist es mit Anna Netrebko als Turandot gelungen,
einen Höhepunkt zu schaffen, der so ziemlich alles in den Schatten stellt.
Diese Frau ist einmalig, von ihr wird man noch nach Jahrzehnten sprechen und
sie einreihen in GANZ große Stars mit Maria Callas und Rudolf Nurejew.
Künstler, die niemals durch Andere ersetzt werden können.
Netrebko hat nämlich wirklich alles. Ihr
tiefen Lagen sind samtig und voll, ihre Mittellage ebenso wohlklingend, die
Höhe überstrahlt alles und klingt dabei niemals schrill. Es ist mir der Atem
stocken geblieben, als sie ansetzte und mit Leichtigkeit den Chor übersang.
Das hat nur Birgit Nilsson seinerzeit geschafft, aber diese hatte nicht die
traumhaft klingende Mittellage und Tiefe!
Netrebkos Stimme kann man nur als Wunder
bezeichnen.
Ihr zur Seite stand Ehemann Yusif Eyvazov als Kalaf, der wiederum
seine sichere Höhe zeigte. Beckmesserischen Kritken sei entgegnet, dass es heutzutage kaum einen Tenor gibt, der
es besser machen könnte.
Als Liu konnte Selene Zanetti eine beeindruckende Performance geben.
Die Inszenierung von Carlus Padrissa (La Fura del Baus) aus dem Jahre 2011
beinhaltet Hollywood-Kitsch und Holyday on Ice-Glamour. Man soll sich
derenthalben nicht aufregen, denn eine Turandot ist immer kitschig zu
inszenieren. Schlimmer wäre es, wenn man sie politisch deutete.
Dirigent Giacomo Sagripanti führt das Orchester ziemlich brachial und geht
selten auf die Sänger ein, was die Netrebko jedoch nicht aus dem Konzept
bringen kann.
Ein Abend, der viel Applaus und Bravos
für die Netrebko, aber auch für Eyvazov und Zanetti auslöst und jedem
Anwesenden im Publikum unvergesslich bleiben wird.
30.
Januar 2020
Eleonore
Moser
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