Tristan der Träume
Tristan und Isolde Premiere an der Bayerischen Staatsoper am
29.6.2021
Der
Traum wurde wahr und Jonas Kaufmann sang den Tristan. Er
enttäuschte nicht und war in seinem Aussehen, seinem Ausdruck und seinem
Gesang der Tristan schlechthin. Nun muss sich jeder seiner Nachfolger an ihm
messen und das wird schwer sein, denn keiner wird ihm die Hand reichen
können. Fabelhaft meistert er die schwierigsten Tenor-Passagen, teilt sich
die Kräfte ökonomisch
ein und nie kommt es dadurch zu brenzligen Situationen. Er ist stimmlich
genauso souverän wie auch in seiner makellosen Erscheinung. Ein Tristan der
Träume, den es vielleicht nur alle 100 Jahre gibt. Anja Harteros steht ihm
als Isolde nicht nach. Mit ihrem schönen, großen und schlanken Gestalt
punktet sie bereits, dann noch mit dem gewaltigen Sopran, der niemals
überfordert zu sein scheint. Sie schmettert die Höhen
hinaus und man muss nicht um sie zittern. Eine Glanzleistung. Okka von der Damerau als Brangäne hat nicht
nur ein pummeliges Äußeres, sondern auch eine voluminöse Mezzosopran-Stimme. Sie kann alle
Erfordernisse dieser anspruchsvollen Partie erfüllen.
Als
Kurwenal erbringt auch Wolfgang Koch eine
gute Gesamtleistung. König Marke wird von Mika
Kares verkörpert, an dessen ungewohnt eher
hellen Bass man sich erst gewöhnen muss. Die
Regie von Krzysztof Warlikowski trägt nicht dazu bei, dass aus dem Abend ein
bahnbrechendes Ereignis wird. Ein großer holzgetäfelter
Saal erinnert an die Direktionsetage einer Großbank. Es werden Puppen zu
Menschen und Menschen zu Puppen gemacht. Immer wieder tummeln sich eine Menge
Puppenmenschen auf der Bühne herum, die dort
nichts verloren haben, immer wieder gibt es Videoeinspielungen in Großformat,
die unnötig sind und sich auf das Geschehen
irritierend auswirken. Aber man ist mittlerweile Kummer gewohnt und nimmt
schon diese stümperhaften Wiederholungen von Regieeinfällen resignierend hin. Was bleibt anderes übrig. Am
Dirigentenpult hingegen zaubert Kirill Petrenko eine unfassbare
Spannung ins Geschehen. So wie er, anders als sonst üblich, den Tristan
dirigiert, macht es Sinn. Da liegen stets alle Gefühlsregungen
hörbar plastisch in der Musik. Nach dieser Aufführung
verstehe ich diesen Hype um den Dirigenten. Viel
Applaus am Schluss für Kaufmann und Harteros, Begeisterungsstürme für Petrenko. Ausgebuht wird das Regieteam. 30.
Juni 2021 Eleonore Moser |