Glückserlebnis Tosca
"Tosca" von Giacomo Puccini
an der Wiener Staatsoper
Vorstellung vom 18.1.2019
Gestern sah ich die 59. Vorstellung
von Tosca an der Wiener Staatsoper. Man könnte denken, es
wäre langweilig, seit Jahrzehnten die gleichen Bühnenbilder, die gleichen
Kostüme anzuschauen. Das Gegenteil ist der Fall. Meine erste Tosca sah
ich am 23. Februar 1965 mit Marcella Pobbe, Dimitar Usunow, Hans Hotter, es
dirigierte damals Klobucar.
Es ist doch eine große Freude, wenn ich
das Kleid der Tosca erkenne, worin ich Rysanek, Stella, Nilsson, Jones,
Wischnewskaya, u.v.a. schon sah. Gestern war es eine jener seltenen
Aufführungen, die ich gewiss nie vergessen werde, weil es einen wahren
Glücksfall an Besetzung gab!
Das Wesentliche sind doch immer die
Sänger und da passte einfach alles. Kristina Opolais, mit
Model-Figur, wunderschönem Gesicht und traumhaft sicherer Sopran-Stimme. Eine
in jeder Phase auch glaubhafte Schauspielerin, die in ihrem Temperament nur
noch von dem phantastisch aussehenden Vittorio Grigolo übertroffen
wird. Grigolo ein italienischer Schönling mit athletischem Körper, kein Gramm
zuviel an Gewicht, und dazu diese wundervolle Tenorstimme! Sein „Gloria
Vittoria“ klingt mir so sicher, so schön in den Farben in den Ohren nach.
In der Pause kam aus einer Nebenloge
eine Dame mit ihrem Gefolge ins Foyer und sie schauten alle ganz glücklich
drein. Die Dame sagte: Es ist doch berauschend, wenn ein Liebespaar auf der
Bühne so glaubhaft aussieht und damit auch darstellerisch beeindruckend ist.
(Das dachte ich mir wenige Minuten zuvor auch, was diese Dame ausdrückte.
Wenn alles passt, ist es so sehr beglückend und spannend und die 59.
Tosca-Aufführung war mir in keiner einzigen Minute langweilig, sondern ganz
im Gegenteil. Ich war angespannt, "wie es wohl weitergeht?", bis
zum letzten Ton.)
Nur Marco Vratogna als
Scarpia ließ Schwächen in Mittellage und Tiefe seiner Stimme erkennen, die
manchmal etwas flackert, doch schauspielerisch gibt auch er alles.
Evelino Pidó dirigierte engagiert, doch gab es mit den Sängern
einige Tempo-Missverständnisse. Im fabelhaft disponierten Orchester
ragten Robert Nagy, 1. Violoncello, und Daniel
Ottensamer, 1. Klarinette, heraus.
Vittorio Grigolo lieferte nach Ende der
Vorstellung eine Sondereinlage vor dem Vorhang. Er turnte vor Freude,
busselte unentwegt Kristina Opolais (die ihm sicherlich gut gefällt) und
schlug förmlich Purzelbäume. Ein Energiebündel par excellance.
Das Publikum ging sichtbar beglückt aus
der Vorstellung. Das Wichtigste aber - der Stehplatz war gesteckt voll und
zwar zu 98 % mit sehr jungen Menschen! Wer da sagt, die Oper wäre tot, lügt
einfach. Die Oper lebt wie nie zuvor!
18. Jänner 2019
Eleonore Moser
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