Cavaradossi pur

"Tosca" von Giacomo Puccini

Vorstellung vom 12. Mai 2009 in der Wiener Staatsoper

Nun war erstmalig ein wirklicher Cavaradossi an der Wiener Staatsoper zu erleben. In der zum Glück seit Jahrzehnten bestehenden stimmigen Inszenierung von Margarethe Wallmann konnte man endlich Jonas Kaufmann als Cavaradossi sehen und hören. In den etwa 80 "Tosca"-Vorstellungen, die ich in dieser Inszenierung sah, war mir doch nie zuvor ein solch herrlicher Cavaradossi begegnet.

Jonas Kaufmann ist in jeder Hinsicht als großartig zu bezeichnen, denn sein Tenor überzeugt mit ungemein strahlender Höhe, sein Piano ist sattelfest und seine baritonale Tiefe klingt erotisch. Er hat edle Gesichtszüge und sieht damit aus wie ein römischer Gott, dazu gesellt sich seine engagierte, jungenhafte Darstellung. Alles Attribute, die man in dieser Gemeinsamkeit hier noch nie zuvor wahrnehmen konnte. Ein Sänger seines Formats ist ein Glück für die Oper, denn nur mit solchen Protagonisten kann die Oper überleben.

Als Tosca ihm zur Seite stand die nicht minder attraktive Catherine Naglestad. Ihr tragfähiger Sopran bietet alle Facetten einer großen Künstlerin. Auch in Aussehen und Darstellung überzeugte sie durch ihr Temperament. Ein solches Traumpaar der Oper wünschte man sich für jede Vorstellung!

Ruggero Raimondi als Scarpia ließ erste Abnützungserscheinungen der Stimme erkennen. Da singt er schon öfters zu tief und hat insgesamt eine unruhige und unsichere Tonführung in seinem Bariton. Sein Zenit ist hörbar deutlich überschritten.

Dirigent Per Giorgio Morandi rührte kräftig im Orchester um, Rainer Honeck als Konzertmeister spielte seine Soli nicht fehlerfrei; hingegen beeindruckte der junge 1. Klarinettist Matthias Schorn mit seiner gefühlvollen Begleitung des Cavaradossi im 3. Akt.

Ein großartiger Abend, vor allem aufgrund des Traumpaares Kaufmann-Naglestad, dem das Publikum Ovationen darbot.

13. Mai 2009
Eleonore Moser