Tannhäuser im Irrenhaus"Tannhäuser" von Richard WagnerPremiere am 16. Juni 2010 in der Wiener StaatsoperVorweg muss gesagt werden, dass diese Inszenierung von Klaus Guth nicht so schlecht ist, wie es die Zuschauerreaktion befürchten ließe. Der Inhalt des Tannhäuser ist unzeitgemäß, so dass es einer neuen Sichtweise durchaus bedurfte. Der erste Akt spielt hier in einem Bordell, der zweite im Schwindfoyer der Wiener Staatsoper, der dritte im Irrenhaus von Steinhof. Das alles ist gewiss ungewohnt, doch man kann sich mit der Regie, den Bühnenbildern und Kostümen (Christian Schmidt) durchaus anfreunden. Johan Botha als Tannhäuser hat hier die Partie gefunden, die seiner tenoralen Stimmlage wohl am meisten entspricht. Sieht man davon ab, dass er im ersten Akt zeitweise einen heiseren Unterton vernehmen ließ, zeigte er später auch an den extremsten Stellen keinerlei Schwierigkeiten. Sein Langweiligsein in der Darstellung ist nichts Neues, daran muss man sich schon längst gewöhnt haben, leider auch an seinen Körperumfang. Nicht einzusehen, dass der Regisseur im ersten Akt noch ein zweites "Bröckerl" auf der Bühne agieren ließ. Dieser sollte vielleicht die gespaltene Persönlichkeit des Tannhäuser bedeuten, ist aber störend und unnötig. Michaela Schuster als Venus erscheint etwas zu bieder, gewinnt jedoch durch ihren runden Mezzosopran durchaus an Attraktivität. Ähnlich zeigt sich Anja Kampe als Elisabeth. Ein imposant klingender Sopran, aber ohne glaubhaft erkennbare Leidenschaft für Tannhäuser - kein Wunder bei einem solch dickwanstigen Helden. Die Entdeckung des Abends ist Christian Gerhaher als Wolfram. So wortverständlich und eindrucksvoll hat man diese Partie noch nie gehört. Seine Phrasierung ist exzellent, seine gefühlvolle Darbietung unübertroffen. Wohl selten hat ein Bariton einen solchen Orkan an Beifallskundgebungen entgegengenommen. Christian Gerhaher schien dieser Erfolg peinlich zu sein, denn er wehrte ab. Der Staatsopernchor trat wirksam hervor, wenngleich er unter der unpassenden Kostümierung leiden musste. Im Orchester konnte Franz Welser-Möst erneut als Wagner-Dirigent überzeugen, kamen doch alle Musiker in rechte Stimmung, besonders differenziert und leuchtkräftig zu spielen. Der Abend wurde zwiespältig aufgenommen. Die Sänger konnten großen Erfolg für sich buchen, ebenso der Dirigent, während das Regie-Team kräftig ausgebuht wurde, so wie das heutzutage eben üblich geworden ist. Somit wurde auch die letzte unter der Holender-Ägide stattgefundene Opernneuinszenierung ein Flop, was fast zu erwarten war. 17. Juni 2010 |