„Die Präsidentinnen“
von Werner Schwab

Voraufführung im Akademietheater Wien am 1. Oktober 2015

Das Stück dreht sich um die Lebenslüge, die sich jeder aufbaut, die Verdrängung und die Schönfärberei, die dem Menschen eigen ist. Erna und Grete sind darin nachhaltig geübt, Mariedl deckt die Lebenslügen ihrer Freundinnen auf und gerät damit in Isolation.

Regisseur David Bösch muss nicht viel hinzufügen, da der Text an sich bewegt und damit ausreichend viel hergibt. Das Bühnenbild und die Kostüme von Patrick Bannwarter sind allerdings übertrieben heruntergewirtschaftet dargestellt, was nicht unbedingt dem Geschehen zuträglich ist. Ein stärkerer Kontrast der Bühne zum Text hätte eine größere Wirkung des Inhalts erzielt.

Die Protagonistinnen waren in den Altersgruppen zu heterogen gewählt, so dass eine Freundschaft der drei wenig glaubhaft ist. Noch am ehesten schien die Rolle der Grete mit Barbara Petritsch altersadäquat besetzt.  Vielleicht aufgrund ihres passenden Alters, war sie in ihrer Stimmmodulation und Darstellung die in jeder Hinsicht überzeugendste Figur dieser Aufführung.

Die bereits eine Generation jüngere Regina Fritsch war schon bedeutend weniger für diese Rolle passend, weil einfach zu jung für eine Mindestpensionistin, die einen erwachsenen, missratenen Sohn hat. Jedoch ist Fritsch’s schauspielerische Leistung von so hoher Durchschlagskraft, dass man ihr die Jugend „nachsah“. Es wird leider überhaupt ständig zur Gewohnheit, Rollen, die von alten Schauspielerinnen zur Besetzung vorgesehen sind, mit jungen Schauspielerinnen zu besetzen.  Das ist auch eine Möglichkeit, Frauen von vorneherein älter zu machen als sie sind. Oder gibt es keine alten Schauspielerinnen?

Die am meisten herausfordernde und schwierigste Rolle in diesem Stück hat Stefanie Dvorak zu bewältigen. Das tut sie, die auch zu jung für die Rolle ist, mit wirklicher Bravour. Da sitzt jede Geste, jeder Zwischenton, da ist die Fäkalsprache niemals wirklich derb, sondern natürlich. Dvorak erschüttert mit ihrem Text und der Darstellung, so dass die Beklemmung im Publikum, wie von Werner Schwab gewiss gewollt, nicht zu vermeiden ist.

2. Oktober 2015
Eleonore Moser