Jago ist der
Sieger
Otello von
Giuseppe Verdi
Vorstellung an der Wiener Staatsoper vom 25. Oktober 2023
Es
ist dermaßen wohltuend, in eine Inszenierung einzutauchen, die so gar keinen
Grund zu Ärger gibt. Adrian Noble - nomen
est omen - hatte sie noch
in Dominique Meyers Zeiten als dessen letzte in Auftrag gegebene Inszenierung
gestaltet. Man sieht gerne hin, es sind weder nackte Frauen noch Männer noch sonstwie unnötige Figuren auf der Bühne zu sehen und das
Bühnenbild ist ausnehmend ästhetisch gestaltet. So kann man der
Handlung und den Sängern ungestört folgen und freut sich an dem gesamten
Opernereignis. Das
Wiener Publikum schien begeistert wie schon lange nicht zu sein. An der
jeweiligen Phonstärke des Applauses und der Bravorufe konnte man wieder die
genaue Abstufung der Zustimmung und damit die Kompetenz des Publikums
erkennen. Ludovic Tézier mit
seinem ungemein prachtvollen Bariton stieg in der Partie des Jago als Sieger hervor. Eine perfekte stimmliche
Leistung, typenmäßig bevorzuge ich eher etwas dämonisch wirkende Sänger. Aber
ein französischer Graf ist nun mal in jeder Situation aristokratisch. Als
Zweitplatzierte in der Publikumsgunst ist eindeutig Rachel
Willis-Sorensen zu nennen. Ihr Sopran berührt, ihre Stimme hat
Wärme, Innigkeit und gleichzeitig Forte im entsprechenden Moment. Eine famose
Leistung dieser jungen Sängerin, von der man doch gerne wesentlich mehr noch
zu hören hofft. Sie hat zudem ein wunderschönes Gesicht, viel Holz vor der
Hütte und eine stattliche Körpergröße, so dass es Wunder nimmt, dass der
neben ihr fast schmächtig anmutende Jonas Kaufmann die körperlichen Zweikämpfe
zu gewinnen imstande ist. Als
Dritter im Bundes ist also Jonas Kaufmann zu
nennen, der die drittbeste Leistung des Abends zeigt. Anfangs tut er sich
noch ziemlich schwer, hat Schwierigkeiten beim
Wechsel vom Forte ins Piano, überhaupt scheint er immer wieder überfordert zu
sein. Im Laufe des Abends gewinnt er an Sicherheit und damit auch an
stimmlichen Ausdruck. Sein Spiel ist wie sonst auch immer engagiert und
glaubhaft. Gespannt kann man auf Andreas Schager
sein, der kommendes Frühjahr die Partie übernimmt.
Wer von den beiden Tenören wird die überzeugendere Performance bieten? Erwähnenswert
und als Neuentdeckung zu werten sind noch der Tenor Bekhzod
Davronov als Cassio
sowie die Mezzosopranistin Szilvia Vörös als
Emilia. Der
junge Dirigent Alexander Soddy leitet das Orchester mit viel
Temperament. Das
begeisterte Publikum wollte die Sänger und Sängerinnen ohne Ende feiern und
nicht nach Hause gehen. So etwas erlebt man heutzutage nur mehr selten in der
Oper. 26. Oktober
2023 Eleonore
Moser |