Auf höchstem Niveau

“Otello“ von Giuseppe Verdi

Vorstellung vom 20. September 2013 an der Wiener Staatsoper

Inzwischen hat man sich an die kalte, düstere, moderne Inszenierung von Christine Mielitz gewöhnt und kann ihr sogar einiges abgewinnen. Vor allem dann, wenn drei Protagonisten auf der Bühne stehen, die das Geschehen zu einem spannungsgeladenen Abend veranschaulichen.

Da ist schon einmal Dmitry Hvorostovsky als Jago. Ein Mann, dem man jede Kaltblütigkeit zutraut, der die Zwiespältigkeit einer solchen Persönlichkeit jedoch drastisch vor Augen führt. Denn dieser fabelhaft aussehende Jago ist nicht nur böse, sondern auch sexy. Er spielt phänomenal glaubhaft und hat dabei einen Bariton zu bieten, der schlagkräftig in dramatischen Situationen klingt, sich dabei warm und geschmeidig im Piano zeigt. Ein Jago, den man nicht so leicht vergisst.

Anja Harteros als Desdemona ist ebenso glaubhaft in ihrer edlen, sensiblen Ausstrahlung und mit ihrem in jeder Lage souveränen Sopran. Was sie speziell im Gebet an Intensität von sich gibt, ist überwältigend. Auch ihre Schönheit ist auffallend und damit insgesamt erscheint mir Anja Harteros als die Diva unserer Zeit.   

Als Dritter im Bunde hat es José Cura nicht ganz so leicht, auch wenn er in seiner optischen Präsenz als Otello nicht überboten werden kann. Sein Tenor ist strahlkräftig wie ehedem, er gibt sich in seinem Spiel bemüht, dennoch bleibt der Eindruck einer Distanz. Wenn er Desdemona als Hure beschimpft, macht er gleich darauffolgend Übungen zur Lockerung seiner Halswirbelsäule. Überhaupt stolziert er herum, als wäre er in einem Fitnesscenter und überlegt, welches Gerät er als nächstes in Angriff nimmt. Das ist schade, denn davon abgesehen, behauptet sich auch er als erstklassiger Otello.

Dan Ettinger dirigiert das nun wieder vollständig vorhandene und nicht auf Substituten angewiesene Orchester engagiert und einfühlsam. Großartige virtuose Leistungen erbringen Volkhard Steude (Konzertmeister), Robert Nagy (Violoncello), Clemens Horak (Oboe) und Matthias Schorn (Klarinette).

Das Publikum bejubelt die Sänger. Die Stimmung im ausverkauften Haus zeigt wieder einmal, dass die Oper lebt.

 

21. September 2013
Eleonore Moser