Berührende Desdemona

"Otello" von Giuseppe Verdi

Premiere vom 25. Oktober 2006 in der Wiener Staatsoper

Die Regisseurin Christine Mielitz bleibt sich selbst treu. Ihre Inszenierungen finden meist in einem dunklen Raum statt, der auch diesmal mit variablen Lichtschattierungen aufgelockert wurde. Auf der Bühne (Bühne und Ausstattung: Christian Floeren) befindet sich ein Podium, das einem Boxring gleicht und je nach Bedarf der Aktszene adjustiert wird, also im letzten Akt das Bett der Desdemona darstellt. Damit ergibt sich das Bild einer in sich geschlossenen Inszenierung der modernen Art, wie man glaubt, sie schon gesehen zu haben. Die Bühnenbilder, Kostüme und Vorhänge sowie Video-Projektionen gleichen sich in neuzeitlichen Inszenierungen. Doch zumindest bleibt man hier von unnötigen Mätzchen verschont. Die Personenführung gelang Mielitz zum Teil, so manche starken Momente von Regieeinfällen bleiben im Gedächtnis haften.

Der geschmeidige Tenor von Johan Botha wird der Partie des Otello nicht immer gerecht. Die Spitzentöne klingen nicht wirklich strahlend, während er in der Mittellage überzeugt. Mielitz hat aus ihm einen passablen Otello geformt, doch Leidenschaft kann man von diesem Sänger weder in der Darstellung noch in der Stimme erwarten.

Von der Sängerriege überzeugte am eindeutigsten Krassimira Stoyanova als Desdemona, die mit ihrem berührend lyrischen Sopran in jeder Stimmlage der Partie, genauso wie mit ihrem Spiel, tief beeindruckt. Bei ihr fiel die Arbeit von Mielitz auf fruchtbaren Boden.

Auch Nadja Krasteva in der Partie der Emilia bot eine darstellerisch und stimmlich auffallend gute Leistung.

Falk Struckmann in der Besetzung des Jago ist sowohl stimmlich und ausdrucksmäßig als hervorragende Besetzung zu nennen. Er erinnert ständig an seinen Telramund, was bedeutet, dass er auch im italienischen Fach ein Wagner-Bariton bleibt, was in diesem Otello nicht weiter stören soll. Denn Wagner hört man wiederholt, vor allem aus dem Orchestergraben. Verdi bewunderte seinerzeit Richard Wagner und das, so dachte der Dirigent Daniele Gatti hörbar, soll an diesem Abend nicht verborgen bleiben. Daniele Gatti beginnt temporeich und endet mit spannungsgeladener Langsamkeit. Er inspiriert das Orchester zu ambitiösem und effektvollen Spiel und man gewinnt den Eindruck, dass er das Orchester in jeder Sekunde völlig im Griff hat. Das bewirkt einen spannenden Abend und somit ist Gatti als das herausragende Element zu nennen.

Gleich danach ist der hervorragend positionierte Chor unter der Einstudierung von Ernst Dunshirn zu bemerken, in dem sich mit enormer stimmlicher Durchschlagskraft Männer und Frauen behaupten.

Somit boten Dirigent samt Orchester, der Chor und Krassimira Stoyanova außergewöhnliche Leistungen, was mit entsprechendem Applaus und demgemäß mit Publikumserfolg honoriert wurde.

26. Oktober 2006
Eleonore Moser