Das hätte man von
Stefan Herheim
nicht erwartet: Eine relativ konservative Inszenierung mit einem extrem vergrößerten
Kirchenschiff samt Orgel, sowie prachtvolle mittelalterlich anmutende Kostüme (Gesine Völlm). So
nebenbei ein Puppenhaus mit Spielzeug, was dem ganzen Geschehen eine
spielerische Note verleihen sollte. Was die Personenführung betrifft, liegt der
Clou vor allem in der Charakterisierung des Sixtus Beckmesser. Dieser wird
verkörpert von Markus Werba, einem jungen, außerordentlich sympathischen,
fast anmutigen Mann, der so nebenbei auch einen guten Bariton zu bieten hat.
Dieser Beckmesser wird also völlig anders geschildert als man ihn gewohnt war.
Fast kann man Eva nicht verstehen, wenn sie sich dem Jüngling widersetzt und
sich für Stolzing entscheidet.
Im zweiten Akt
geht es dann schon deftiger zu. Das Bühnenbild (Heike Scheele) bleibt mit
überdimensional projizierten Kästen, Kommoden und dergleichen recht ausladend
und nützt die enorme Breite des Festspielhauses. Gegen Ende des 2. wie auch 3.
Aktes wird vom Volk bzw. von den
Märchenfiguren aus Brüder Grimms Erzählungen
heftig auf der Bühne kopuliert und somit gibt es doch eine
unverwechselbare Handschrift des Regisseurs. Wie Herheim
auch sonst immer alles in Bewegung hält. Seine Personenführung ist exzellent
und er hat Sänger, die sich ihm als Schauspieler völlig vertrauten und auf
seine Weisungen gut eingingen. Dieser
Tummelplatz von Märchenfiguren dient dazu, von der sonst latent vorhandenen
Deutschtümelei Abstand zu gewinnen und dem ganzen Geschehen eine heitere Note
zu verleihen.
Eine zumeist
junge, unverbrauchte Sängerriege spielt und singt mit viel Witz und Elan. Da
ist Peter Sonn als fescher David,
der eine gute Tenorstimme hat und einen ernstzunehmenden Anwärter für Magdalena
(erfreulich Monika Bohinec)
gibt.
Anna Gabler als Eva ist schön, wie aus einem Gemälde
von Botticelli entsprungen, und hat eine schlanke, gut geführte Sopranstimme.
Sie spielt diese Figur bezaubernd.
Als Hans Sachs
brilliert Michael Volle sowohl mit
seinem dunklen Bariton wie auch in schauspielerischer Hinsicht.
Der Tenor Roberto Saccá gibt
einen gut aussehenden, stimmlich einwandfreien Walther von Stolzing.
Dass er trotz seinen Bemühungen nicht gänzlich überzeugt, liegt an einer
gewissen Distanziertheit gegenüber dem Geschehen.
Das Dirigat obliegt Daniele
Gatti, der effektvoll Tempi vorgibt und Wagner
sehr opulent, manchmal auch etwas derb klingen lässt. Sein
temperamentvoller Stil ließ ihm an diesem Abend den Taktstock ins Publikum entgleiten
und ich, direkt hinter ihm sitzend, konnte
ihm den Taktstock über seinen Rücken zurückreichen. Die Philharmoniker spielen
mit enormen Einsatz und Können, wobei
man mit Wonne merkt, wie sehr sie in Wagner geübt sind. Alle geben ihr
absolut Bestes, mit Rainer Honeck als Konzertmeister, den Solisten Tamas Varga - Violoncello, Heinrich
Koll - Viola, Walter Auer -
Flöte, Ernst Ottensamer
- Klarinette, Clemens Horak - Oboe.
Seltenheitswert
hat es heutzutage, wenn die Regie mehr bejubelt wird als die Sänger. In diesem
Falle war es so, dass es zwar wenige Buhrufe für Herheim
gab, die aber sofort „niedergejubelt“ wurden.
Schließlich hatte Herheim den größten Erfolg des
Abends, über den er sich sichtbar freute, ebenso wurde Michael Volle
enthusiastisch in seiner Rolle des Hans Sachs gefeiert. Für Gatti
gab es vereinzelt Buhrufe, danach jedoch auch viel Zustimmung für ihn und die
Wiener Philharmoniker.
Ein Abend, der es
wert ist, nach Salzburg zu fahren.
3. August 2013
Eleonore Moser