Ein schweres Erbe für Manon

„Manon“ von Jules Massenet

Aufführung an der Wiener Staatsoper vom 20. September 2014

Es ist für jede Sängerin ein schweres Erbe, eine Partie nach Anna Netrebko zu singen. Zu sehr hat man die Vorgängerin in Erinnerung, die gerade als Manon unübertrefflich war. Es ist daher keine leichte Aufgabe für Patricia Petibon, nun in Wien die Manon zu singen. Sie schafft es mit französischem Esprit und Charme, diese Partie zu bewältigen, wobei ihr tadelloser Sopran den Anforderungen gerecht wird. Petibon sieht bezaubernd aus und ist also auch rein äußerlich als Manon glaubhaft.

Aufhorchen lässt der als Einspringer angeführte Tenor Jean-Francois Borras als Des Grieux. Seine Mittellage ist eher unauffällig, aber die Höhe dieses Sängers leuchtet sicher und strahlend, sein Timbre klingt warm. Das noble und romantische Aussehen seines Gesichtes tun ihr Weiteres dazu, ihn in dieser Partie zu feiern. Wöge er um 15 kg weniger, wäre die Zustimmung des weiblichen Publikums gewiss mindestens so groß wie bei Jonas Kaufmann.  

Eindringlich spielt und singt der Bariton Markus Eiche die Partie des Lescaut, Dan Paul Dumitrescu als Graf Des Grieux ist ebenso eine besonders gute Besetzung. Auch Clemens Unterreiner als Des Bretigny gibt der Rolle starken Ausdruck.

Andrei Serbans Inszenierung ist nett, aber unauffällig, was heutzutage schon als Glücksfall zu bewerten ist.

Dirigent Frederic Chaslin zeigt mit viel Temperament, dass er die Partitur und das Orchester fest im Griff hat.  Die Philharmoniker sind unterwegs mit einem Japan-Gastspiel und das Orchester ist deshalb durchsetzt mit Pensionisten und Substituten. Dies tut aber aufgrund der mitreißenden Begeisterung des Dirigenten der hervorragenden Qualität des Orchesterspieles und der Solisten keinen Abbruch.

21. September 2014
Eleonore Moser