Der Tenor des Jahrhunderts

"Manon" von Jules Massenet

Vorstellung vom 30. April 2009 in der Wiener Staatsoper

 

Ist hier jemand, der denkt, ein Tenor ist dickwanstig in seiner Figur, statisch in seinem Spiel und stupid? Wenn dies jemand denkt, so soll er in die Oper zu einer Vorstellung mit Jonas Kaufmann gehen und er wird eines Besseren belehrt.

Als Chevalier Des Grieux zeigt Jonas Kaufmann alle seine Vorzüge, die er im Übermaß besitzt. Da ist diese maskuline Tiefe, die melancholische Mittellage und die glanzvolle Höhe seiner Stimme. Wie er vom zärtlichsten und gefühlvollsten Piano in der nächsten Sekunde zur metallisch strahlenden Höhe wechselt, das ist immens eindrucksvoll. Zusätzlich verfügt er über attraktives Aussehen; dank durchtrainierter muskulöser Figur und schönem Gesicht zeigt er sich mit soviel Sex-Appeal ausgestattet, dass sogar George Clooney und Hugh Jackman neben ihm verblassten. Dazu gesellt sich sein in Gesten und Blicken extrem glaubhaftes Spiel. Man nimmt ihm diesen Des Grieux in jeder Sekunde ab. Jonas Kaufmann besitzt alle denkbaren Trümpfe und ist für mich der Tenor des Jahrhunderts.

Ihm zur Seite stand Norah Amsellem. Sie hat eine nette Figur und ist stimmlich durchaus passabel, wenngleich man sich an seiner Seite eine Netrebko wünschen würde. Dann wäre die Balance hergestellt, so aber gibt man sich bloß zufrieden. Amsellem fehlt noch die Sicherheit in der Höhe sowie die glaubhafte Ausstrahlung in dieser Partie.

Markus Eiche ist als Cousin von Manon Lescaut mit seinem wohlklingenden Bariton und engagierten Spiel eine gute Besetzung.

Als Dirigent stand Miguel Gomez-Martinez am Pult, der die zeitweisen Intonationsschwierigkeiten im Orchester nicht gänzlich unter Kontrolle bringen konnte. Von den Instrumentalsolisten ist Peter Schmidl als 1. Klarinettist hervorzuheben. Seine gefühlvoll gespielten Soli ragten wirkungsvoll heraus.

Viel Applaus für Jonas Kaufmann, auch für Norah Amsellem.

Ein Abend, der dank Jonas Kaufmann stets in Erinnerung bleiben wird.

01.Mai 2009
Eleonore Moser