Nur das Fingerhakeln fehlte„Lohengrin“ von Richard WagnerPremiere am 12. April 2014 an der Wiener Staatsoper>Dies verdeutlicht
wieder einmal den Versuch, die Erhabenheit des Werkes von Richard Wagner zu
brechen und den Inhalt auf eine dem Zuschauer „verständliche“ Weise
herunterzuführen. Ob mit Absicht oder durch Zufall führen solche Bemühungen oft
zu komischen Situationen. Die Personenregie von Andreas Homoki zeigt zwar auch nachvollziehbare Handlungen, versucht aber, jede Mystik des
Werkes zu untergraben. Man will Wagner des Geheimnisses seiner Musik berauben. Es
ist eine Inszenierung, die leider wieder nur eine Vergeudung von Mittel
darstellt, denn dieses Bühnenbild in der Ausstattung von Wolfgang Gussmann sowie die Kostüme hätte man gut sparen und die
vorherige, wenn auch nicht bessere, aber nicht schlechtere, Inszenierung von
Berry Kosky belassen können. Die Idee, dass Oper mit Ästhetik einhergehen
sollte, wurde nach Wieland Wagner völlig verworfen. Das Geschehen
wurde in den bayerischen ländlichen Raum verlegt, wodurch es selbstverständlich
derb zugehen durfte. Es sind ständig feiste Männerwadeln und Bierbäuche zu
sehen, warum allerdings die Protagonisten oft in Nachthemden, Unterhemden und
Unterhosen auf der Bühne ihr Treiben vom Stapel lassen müssen, ist nicht ganz
erklärlich. Vielleicht sollte der Raum, in dem sich das alles abspielt, ein
Bierzelt oder ein rustikales Wirtshaus darstellen. Hässlich und banal sind die
Holz darstellen sollenden hohen Wandpaneele und die Stühle des
Wirtshauses. Schuldig geblieben ist man
uns eine adäquate Abhandlung des Kampfes vor dem Gottesgericht. Statt des
Schwertes besiegelte hier ein Kampfmesser die Niederlage des Telramund. Besser
der Atmosphäre im Bierzelt dienend wäre aber ein Kampf durch Fingerhakeln
gewesen. Eine großartige,
wahrlich durchschlagskräftige Leistung erbringt
der Chor (Leitung: Thomas Lang). Der Heerrufer wurde hier in Wien von oftmals wirklich bedeutenden
Baritonen verkörpert, mit Detlef Roth
mutiert diese Figur zur gänzlichen Unbedeutsamkeit. Die wunderschöne,
engelsgesichtgleiche Camilla Nylund
ist die ideale Interpretin der Elsa. Sie hat eine wohlklingende Mittellage und
ihr Sopran öffnet sich in hohen Lagen zu großem Volumen. Nicht zuletzt durch
ihre engagierte Darstellung ist sie ein Glücksfall. Sie schaffte es, trotz
weisungsgerechtem Herumtragen des weißen Plastikschwanes und Gefuchtel um
diesen, nicht peinlich zu werden. Ebenso ist Klaus Florian Vogt mit seinem
hünenhaften, blondgelockten Aussehen und der hell timbrierten Tenorstimme ein
idealer Lohengrin. Die ersten Töne sind
zwar mit einigen Unebenheiten behaftet, das wundert nicht, da er diese auf dem
Boden liegend singen muss. Später kämpft er in der Gralserzählung mit
Ermüdungserscheinungen und hat in einigen Momenten in der hohen Lage Mühe.
Insgesamt jedoch bleibt es eine imposante Leistung. Für den aus
Bayern stammenden Wolfgang Koch ist
das rustikale Verständnis von einem Telramund natürlich eine aufgelegte Sache.
So poltert er derb durch die Szene, lässt aber einen voluminösen
Bariton erklingen. Als Überraschung
des Abends zählt Michaela Martens als Ortrud. Ein fülliger, dämonischer Mezzosopran
ist bei ihr zu vernehmen, der niemals Schrille zeigt. Äußerlich passt sie
ohnehin durch ihre im Übermaß vorhandenen körperlichen Vorzüge, einer drallen
bayerischen Magd gleich, in die vorgegebene Szenerie. Auch der Bass Günter Groissböck fügt sich als König
Heinrich mit einer passablen gesanglichen und schauspielerischen Leistung gut
ins Geschehen ein. Der aus Finnland
stammende Dirigent Mikko Franck kann
sich eines großen Erfolges erfreuen. Er dirigiert präzise, packend und gibt der grandiosen Musik viel
Leuchtkraft. Albena Danailova als
Konzertmeisterin, Martin Gabriel,
Oboe und Ernst Ottensamer,
Klarinette, assistieren mit großem künstlerischen Einsatz. Nicht nur die
Streicher, sondern auch die Holz- und Blechbläser insgesamt geben
wunderbare Leistungen. Der Abend endet
mit viel Begeisterung für Wolfgang Koch und Klaus Florian Vogt, auch Camilla Nylund
kann Zustimmung ernten, ebenso Groissböck. Bei Martens und Franck gibt es
vereinzelt Buhrufe, ein Orkan an Missfallenskundgebung überfällt die Regie. Wie man hört, ist
dies eine Gemeinschaftsproduktion mit dem Opernhaus Zürich, das diese
Produktion übernimmt. Hoffentlich bleibt
sie dort auch samt und sonders. 13. April 2014 Eleonore Moser |