Fönbürsten und Weihnachtskugeln

Lohengrin
von Richard Wagner

Premiere in der Wiener Staatsoper am 3. Dezember 2005

Überdimensionale Fönbürsten und zeitweise auch Weihnachtskugeln schweben über das Geschehen dieser "Lohengrin"-Inszenierung von Barrie Kosky. Man sollte sich nicht allzu viele Gedanken über die Bedeutung dieser Objekte machen, denn insgesamt erweist sich die Inszenierung für heutige Verhältnisse durchaus als akzeptabel. Das in Grau-schwarz-Schattierungen gewählte Bühnenbild (Klaus Grünberg) mit spielerischen gelben Kontrastpunkten ist ästhetisch durchaus vertretbar. Die schwarze Einheitskleidung (Kostüme: Alfred Mayerhofer) des Chores mag einfallslos sein, stört aber nicht den guten Gesamteindruck. Die Beteiligten am Bühnengeschehen werden dem Regisseur danken, denn bequem haben sie es allemal in dieser Inszenierung. Sie dürfen meistens sitzen und bringen zu diesem Behufe ihre Stockerln gleich mit.

In Soile Isokoski findet man eine Elsa, welche in jeder Phase sowohl darstellerisch als auch gesanglich überzeugt. Sie verfügt über das gewisse Silber in den Höhen ihrer Stimme, welches in dieser Partie so bedeutsam und anderwärts selten anzutreffen ist.

Der Regisseur wusste, warum er Elsa als blinde Figur agieren lässt. Wie hätte sie sich sehendes Auges in einen solch beleibten Lohengrin verlieben können? Johan Botha trägt mit Würde seinen Wanst vor sich her. Öffnet er jedoch den Mund zum Gesang, ist man genötigt, sein Aussehen zu entschuldigen. Denn seine Stimme hat sowohl lyrisches Timbre als auch Durchschlagskraft im Forte.

Falk Struckmann als Telramund stellt neben Soile Isokoski den Höhepunkt des Abends dar. Dieser Bariton hat einfach alles: dämonische Ausstrahlung sowie Kraft und Schönheit in jedem Moment des Stimmgeschehens.

Leider entbehrt Janina Baechles Stimme jeder Art von Dämonie. Da schaudert es einen überhaupt nicht, wenn diese Ortrud nach Elsa ruft. Baechles Stimme klingt in der Höhe flach und ausdruckslos. Die Absage von Agnes Baltsa trifft hart.

Als durchaus der Partie gewachsener König Heinrich erweist sich Kwangcul Youn, während als schmächtiger Heerrufer Adrian Eröd zu wenig Stimmsubstanz für diese Partie erbringt.

Semyon Bychkov dirigierte das Staatsopernorchester kammermusikalisch und zeitweise zu gedehnt, was der Spannung Abbruch tat. Peter Schmidl als 1. Klarinettist ließ mit berührenden Klarinettentönen aufhorchen, während Martin Gabriel als 1. Oboist keinen wirklich guten Tag hatte. An der jungen Englischhornistin war Unroutiniertheit hörbar.

Jubel für Struckmann, Isokoski und Botha sowie Bychkov, Ablehnung dagegen für das Regieteam.

Im Parkett saß Christa Ludwig. Nein, nicht denken an ihre Ortrud.

Vergangenes als vergangen sein lassen, ist die einzige Möglichkeit, das Heute zu akzeptieren.

4. Dezember 2005
Eleonore Moser