Berührende Mimi

"La Bohéme" von Giacomo Puccini

Aufführung an der Wiener Staatsoper vom 8. April 2010

Anna Netrebko, ein Star, der sich niemals wie ein solcher geriert. Sie bleibt natürlich, frisch, unkompliziert, uneitel. Sie singt als Mimi berührend innig und schön, sie ist bezaubernd , anmutig und kindlich, wehmütig und melancholisch. Sie ist alles. Sie singt gefühlvoll mit unvergleichlichem, warmen, voluminösen Sopran. Ihre einzige Schwäche liegt im Legato, aber das gleicht sie aus, indem sich ihre Höhe strahlend erhebt. Sie ist die großartigste, unerreichbarste Sopranistin unserer Zeit. Freuen wir uns, dass wir sie hören dürfen.

Ihr zur Seite als Rodolfo steht der Pole Piotr Beczala, einer der zwei führenden Tenöre unserer Tage. Er schont sich nicht und wird im gesunden Wettstreit mit seiner Partnerin zur Höchstleistung animiert.

Oft ahmt er seinen Landsmann aus den 1930er-Jahren, Jan Kiepura, in dessen Schluchzern nach und möchte damit die Schlankheit seines Tenors überspielen. Beczala sieht gut aus, ist jung, groß und schlank. Er und Netrebko ergeben ein Paar, das nicht nur akustisch für Ästhetik sorgt.

Passabel als Schaunard Eljiro Kai, als Marcello Boaz Daniel , als Musetta Anita Hartig und als Colline Janusz Monarcha .

Constantinos Carydis neigt in seinem Dirigat manchmal zu schleppen, was für die Sänger nicht angenehm sein kann. Trotzdem brachten er und das Orchester insgesamt eine gute Leistung zustande.

Bemerkenswert, dass Beczala sogar stärkeren Beifall und Ovationen erhielt als Netrebko. Ja, Tenor müsste man eben sein.

9. April 2010
Eleonore Moser