Das Schönste ist das Violin-Solo
"Jonny spielt auf" von Ernst Krenek Premiere am 16. Dezember 2002 in der Wiener Staatsoper Etwas ratlos zeigte sich das Publikum, bis es sich an die freie Tonalität des Werkes gewöhnt hat. Es handelt sich um eine Oper, doch man hat den Eindruck, ein Musical zu hören. Die Musik ist schmissig, pfiffig, und man fragt sich bloß: "Warum nicht?" Es soll als späte Hommage an Ernst Krenek betrachtet werden, dem großes Unrecht von den Nazis angetan wurde, und deshalb kann man sich das Werk schon anhören. Man wird den Wunsch nicht verspüren, deswegen ein zweites Mal in die Staatsoper zu gehen. Das Schönste ist das Violin-Solo am Ende des 1. und des 2. Teiles des Werkes. Konzertmeister Volkhard Steude spielt dieses Solo genial-lässig und hinterlässt damit einen prägenden Eindruck. Die Protagonisten der Spieloper sind allesamt ideal besetzt. Torsten Kerl als Komponist Max, Nancy Gustafson umwerfend vamphaft als Sängerin Anita, Bo Skovhus als maskuliner Jazzband-Geiger, Peter Weber als Violinvirtuose Daniello und Ildikó Raimondi temperamentvoll als Stubenmädchen Yvonne. Sie alle geben ihr Bestes. Es ist schwierig, einer Oper, deren Musik die Sänger nicht trägt, dennoch Wirksamkeit zu verleihen. Die Gesangssolisten sind grandiose Darsteller und verdienen deshalb größte Anerkennung. Die Inszenierung von Günter Krämer und das Bühnenbild von Andreas Reinhardt sind gut verdaulich, da sie auf Extravaganzen verzichten. Neu für die Staatsoper ist die Einbezogenheit des Parkettpublikums. Man bewegt sich damit auf dem Level von "Cats" aus den Achtzigerjahren. Seiji Ozawa dirigiert ohne Partitur, lässt aber keine Zweifel darüber, dass er Noten lesen kann. Er ist besonders bemüht, den Soloeinsätzen der Holz- und Blechbläser Wirkung zu geben. Das Publikum applaudiert zur Pause äußerst zurückhaltend. Erst am Ende beginnt es aufzutauen, was auf das mitreißende Finale als Höhepunkt zurückzuführen ist. Als sich der Vorhang senkt, gibt es vorerst vereinzelte Buhrufe, die aber durch Applaus und Bravorufe überstimmt werden. Man kann es ansehen, es ist jedoch nicht zwingend. Eleonore Moser 16.12.2002 |