Die letzte Diva
"Jenufa" von Leos Janacek Vorstellung am 13. Mai 2006 in der Wiener Staatsoper
Sie schreitet über die Bühne, als ob sie es nicht duldete, jemand anderen als ihr Aufmerksamkeit zu schenken. Man sieht gebannt auf sie und vergisst die anderen. Da ist so viel an Energie in ihrem Auftreten, ihrem Schritt, ihrer Gestik und ihrem Blick. Es ist von unerheblicher Bedeutung, wenn sie im Forte des Finales des zweiten Aktes ihre Stimme verlässt und der Ton abreißt. Zeitweise klingt ihr Organ in der Höhe schrill, aber das stört nicht. Sie ist in jeder Regung von Scheitel bis zur Sohle eine Diva, die letzte dieser Art - Agnes Baltsa als Küsterin. Janina Baechle ist als alte Buryia mit jugendlicher Stimme ausgestattet, Ricarda Merbeth bietet eine gute Jenufa mit lyrischer Höhe und tragfähiger Mittellage. Etwas blass bleibt John Dickie als Stewa, während Jorma Silvasti als Laca nicht nur in seiner Torenhaftigkeit, sondern auch mit seinem Tenor überzeugt. Als Dirigent am Pult gibt Graeme Jenkins eine gute Leistung, indem er die Farbenpracht der Partitur zum Leuchten bringt, ihm zur Seite ein Solistenteam erster Güte, wie Rainer Küchl als Konzertmeister, diesmal scheint auch Clemens Horak als 1. Oboist in guter Verfassung zu sein, hervorzuheben ist weiters Flötist Walter Auer sowie die abgerundete Leistung Ernst Ottensamers auf seiner Klarinette. Die Inszenierung von David Pountney hebt sich in ihrer Ästhetik wohltuend von der heutzutage üblich gewordenen Hässlichkeit von Neuinszenierung ab. 14. Mai 2006 Eleonore Moser
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