Ein Traum von einem Holländer
DER FLIEGENDE HOLLÄNDER von Richard Wagner Premiere in der Wiener Staatsoper am 5. Dezember 2003
Nicht nur als Traum von Senta, sondern auch als Traum des Publikums erwies sich Falk Struckmann als Holländer in der Neuinszenierung des "Fliegenden Holländers" in der Wiener Staatsoper. Hat man sich bereits von seinen Qualitäten in der Partie des Kurwenals überzeugen können, so schlägt er in der neuen Partie alle in ihn gesetzten Erwartungen. Solch eine Höhe, solche runde und dennoch dämonische Tiefe, solch eindrucksvolle Wortdeutlichkeit und Darstellung hat man hier vordem noch nie vernommen. Als Senta konnte Nina Stemme eine ihm ebenbürtige Leistung erbringen. Alles, was diese Partie abverlangt, war sie imstande, zu geben. Eine strahlende Höhe, jugendliche Ausstrahlung, überzeugend in der schwärmerischen Darstellung. Die Enttäuschung des Abends war hingegen Franz Hawlata als Daland, der stimmlich dieser Partie einfach nicht gewachsen ist. Darstellerisch ist er ein echter bayerischer Daland; Bayern hat eben kein Meer. Warum Torsten Kerl beim Publikum "durchgefallen" ist, erscheint mir jedoch fragwürdig. Seine Stimme hat sich weiterentwickelt, ist stählerner in der Höhe geworden und lässt auf einen guten Lohengrin in nicht allzu ferner Zukunft hoffen. Mihaela Ungureanu als Mary bietet eine solide Leistung, John Dickie als Steuermann blieb ein wenig unsicher in der Intonation. Seiji Ozawa dirigert temerpamentvoll und flott - so flott, dass der Damenchor manchmal in ernste Bedrängnis gerät. Der Herrenchor hingegen begeistert uneingeschränkt in Klang und Dynamik. Das Bühnenbild von Stefan Mayer ist einigermaßen naturalistisch und kann als gelungen bezeichnet werden. Die Einfälle von Regisseurin Christine Mielitz sind vielfältig und oftmals originell und manchmal das Publikum polarisierend. Dass Senta nicht in die See springt, sondern in das Feuer geht, mag nicht der ursprünglichen Vorlage entsprechen und daher nicht jedermanns Geschmack sein. Eine zwiespältig aufgenommene Premiere, die das Publikum sogar noch in echtes Stocken versetzte, als Falk Struckmann beim Verbeugen rücklings ca. 2 – 3 Meter hinunterfiel. Das sind die Tücken der modernen Inszenierungen – dass auf die Sicherheit der Protagonisten keine Rücksicht genommen wird. 6. Dezember 2003 Eleonore Moser |