Eine bessere
Vorstellung zur Feier seines 200. Geburtstages hätte sich Richard Wagner kaum
wünschen können. Hat man sich an das teilweise kitschige, dann wieder dunkel
und langweilige Bühnenbild von Rolf
Glittenberg (Kostüme Marianne
Glittenberg) sowie an die nichtssagende Regie von Sven-Eric Bechtolf gewöhnt, kann man sich der sängerischen
Darbietungen genussreich hingeben.
Boaz Daniel stellt darstellerisch zwar den schwachen
Charakter des Gunthers eindringlich dar, sein Bariton bleibt dabei jedoch eher
unauffällig. John Tomlinson war in vergangenen Zeiten ein guter Wotan, nun
wechselte er zu der Figur des Hagen. Es offenbaren
sich leichte Abnützungserscheinungen seines Bassbaritons vor allem in höheren
Lagen. Durch sein etwas outriertes Spiel setzt er sich über Schwächen in der
Stimme hinweg. Wolfgang Bankl gibt
als Alberich ein gutes Rollendebüt. Eine erfreuliche Rollendebütantin ist Elisabeth Kulman als Waltraute, wobei
ihr warm anmutender Mezzosopran gut zum Einsatz kommt. Die Nornen Monika Bohinec, Stephanie Houtzeel und Olga Bezsmertna zeichnen sich durch
leuchtende Sopranstimmen aus.
Eine passable
Gutrune liefert Caroline Wenborne. Stephan
Gould ist der heutzutage gewiss in jeder Hinsicht beste Siegfried, dessen
tenorale Stimmkraft und Physis keine Grenzen zu kennen scheint.
Das ersehnte Rollendebüt
von Nina Stemme als Brünnhilde
schlägt indes die hohen Erwartungen. Diese Frau ist einfach über alle Maßen
phänomenal. Ihr strahlender Sopran, welcher in hohen Lagen sich so richtig
entfaltet, aber auch die immer wohlklingende Mittellage scheinen fast wie ein
Wunder an dieser eher schmalen und zierlichen Frau zu sein. Dazu ihr wohltuend
einfaches Spiel tragen dazu bei, in ihr eine wahrhafte Heldin zu sehen.
Franz Welser-Möst dirigiert den Abend so eindrucksvoll, dass er an
die Größen der Vergangenheit erinnert. Das Gefühl für die jeweils richtigen
Tempi sowie die Schlichtheit, Klarheit und Ästhetik seiner Bewegungen
stimulieren das Orchester zur Hochleistung. Erst zu Beginn des 3. Aktes zeigen
sich im Orchester leichte Ermüdungserscheinungen. Die Hornisten, die bis dahin
völlig makellos spielen, verüben einen etwas verwackelten Einsatz, bald darauf
erfolgt ein Kiekser des Trompeters Gotthard
Eder, welchen das Publikum sogleich mit merkbarer Unruhe quittiert. Ein
solcher Vorfall macht jedoch den Drahtseilakt bewusst, den an einem solchen
Abend jeder Musiker, vor allem Bläser, vollführen muss. Hier sind Menschen am
Werk, die 5 ½ Stunden konzentriert Höchstleistungen erbringen und jeder
einzelne von ihnen trägt enorme Verantwortung.
Man muss diesen Musikern in jedem Falle große Bewunderung zollen. Der Verantwortung stellen sich vor allem auch Ernst Ottensamer (1. Klarinette) und Martin Gabriel (1. Oboe) in gewohnt
souveräner Manier.
Nach Ende der
Vorstellungen tritt Nina Stemme vor den Vorhang und ein unendlich gewaltiger
Orkan an Beifall schlägt ihr entgegen. Sie zeigt sich emotional überwältigt von
dieser Sympathiekundgebung. Auch die anderen Sänger sowie Welser-Möst und das
Orchester werden stürmisch gefeiert.
Ein Abend, an dem
man denkt, es ist schade, dass er vorbei ist. So etwas wird man nicht ohne
weiteres erneut erleben können.
23. Mai 2013
Eleonore Moser