Ereignis Polaski

GÖTTERDÄMMERUNG

1. November 2002
Wiener Staatsoper

Nach jahrzehntelangem Warten gibt es nun endlich eine Brünnhilde, die keine Wünsche offen lässt. Deborah Polaski heißt dieses Ereignis.

Polaski hat sichere Höhe, kräftiges Forte, runde Mittellage und wohlklingende Tiefe zu bieten. Dazu ist ihr ein angenehmes Äußeres zu Eigen und sie kann glaubhaft Emotionen vermitteln. Gründe, die dem Publikum am Ende der Vorstellung orkanartige Ovationen entrissen.

Siegfried Jerusalem als Siegfried hat es mittlerweile schwer, mit einem Erfolg wie dem von Polaski mitzuhalten. Sein Zenit ist deutlich überschritten, dennoch gibt es immer wieder Momente, in denen sein Tenor den Zuhörer aufhorchen lässt. Solange es keinen jüngeren, besseren Siegfried gibt – und ein solcher scheint nicht in Sicht zu sein – muss man froh sein, dass eine solche Vorstellung durch Jerusalem ermöglicht wird. Er hat sich zudem trotz seiner fortgeschrittenen Jahre jugendliches Aussehen und Beweglichkeit erhalten.

Ricarda Merbeth als Gutrune und 3. Norne gab eine gute Leistung ebenso wie Peter Weber als Gunther.

Der Hagen von Matti Salminen ist manchmal röhrend, dafür in seiner Dunkelheit insgesamt beeindruckend. Salminen macht es sich jedoch im Spiel nur zu leicht und vergisst oder negiert Regieanweisungen. Vielleicht gibt es keine solchen mehr?

Der Alberich von Georg Tichy sowie die Waltraute von Jane Henschel waren gut und rollendeckend besetzt.

Adam Fischer dirigierte das Staatsopernorchester souverän, indem er die Musiker in jedem Moment fest im Griff hatte. Er begleitete die Sänger sensitiv, brachte den Klang des Orchesters in nuancierter Farbenvielfalt und Dramatik zum Ausdruck und profilierte sich damit als hervorragender Wagner-Dirigent.

Ein großartiger Abend, an dem ich stolz war, Teil des Wiener Publikums zu sein. Diese Fachkenntnis, diese Begeisterungsfähigkeit ist wohl kaum an einem anderen Platz (schon gar nicht in Salzburg) zu finden. Danke, Publikum!

Eleonore Moser

2.11.2002