Sexy Diavolo

"Faust" von Charles Gounod

Vorstellung in der Wiener Staatsoper am 26. April 2011

Die Inszenierung von Nicolas Joel ist nach wie vor ästhetisch durchaus ansprechend, weil geradlinig und einfach konstituiert. Damit kann vom Optischen her nichts schiefgehen.

Die Szene und damit eindeutig den Abend beherrscht Erwin Schrott als Méphistopélès. Ein mitreißender Künstler, der sexy im Aussehen seinen nackten, perfekt gestählten Oberkörper gerne dem Publikum präsentiert. Zusätzlich zeigt er sich temperamentvoll im Spiel. Er sprüht vor Ideen, wie die Rolle vielseitig zu gestalten ist. Dazu bietet sein runder, voller, sonorer Bassbariton, der im Gegensatz zu seinem jugendlichen Aussehen steht, wahres Vergnügen, ihm zuzuhören. Dass Schrott eine wahre Rampensau ist, beweist er auch damit, dass er während seines Solovorhangs am Ende noch gratis eine künstlerische Inszenierung abliefert. Somit ist seine Bühnenpräsenz unvergleichlich schlagkräftig. Wenn er die Bühne betritt, sind die Augen nur auf ihn gerichtet, denn er ist ein phänomenal toller Sänger und Schauspieler, der das Publikum ganz in seinen Bann ziehen kann.

Schwierig wird es neben so einer großen Persönlichkeit wie Schrott für Roberto Alagna, sich in der Rolle des Faust zu behaupten. Obzwar sein Tenor fast fehlerfrei alle extremen Höhen der Partie bewältigt, bleibt er an Persönlichkeit einiges schuldig. Er bemüht sich und gibt, was zu geben er imstande ist, doch es fehlt ihm die Aura eines ganz Großen.

Alexandra Reinprecht hingegen ist eine glaubhafte, weil junge und schön anzusehende, innig singende Sopranistin. Von ihr geht exakt der Zauber aus, den eine Marguerite wünschenswerterweise haben soll. Eine richtige Top-Besetzung!

Verlässlich wie immer der Wiener Publikumsliebling Adrian Eröd als Valentin, der auch in dieser Partie seinen angenehmen Baritonklang zur Geltung bringen lässt. Adam Plachetka als Wagner macht wieder aus einer Nebenpartie eine große Performance, auch Sophie Marilley als Siébel sowie Aura Twarowska als Marthe sind ausgezeichnete Besetzungen.

Der Dirigent Alain Altinoglu hat das Geschehen fest im Griff, er dirigiert temporeich und effektvoll. Zu erwähnen ist auch die gute Leistung des Chores. Als Erster Klarinettist beweist der junge Matthias Schorn volle Souveränität, weiters gibt die Konzertmeisterin Albena Danailova ein beeindruckendes Violinsolo.

Das Publikum rast vor Begeisterung für Schrott und Reinprecht, zeigt auch Alagna Wohlwollen und akklamiert ganz besonders dem Dirigenten.

Ein toller Abend.

27. April 2011
Eleonore Moser