Viel Bewegung, wenig Tiefgang
"Faust" von Charles Gounod
Premiere im Großen Festspielhaus Salzburg
am 10. August 2016
Man kann
dem Regisseur Reinhard von der Thannen
den Hang zum Ästhetizismus nicht absprechen. Die breite Bühne ist vornehmlich
in klaren, hellen Farben gehalten, die Dekorationen sind eher sparsam
verwendet. Um die Leere zu füllen, müssen Tänzer, Komparsen, Chorsänger viel
Bewegung ins Geschehen bringen, so dass dies oft überladen wirkt. Die
Untugend des heutigen Regietheaters wird wieder genützt, um ständig Figuren
auf der Bühne agieren zu lassen, die eigentlich mit dem Geschehen nicht in
Einklang zu bringen sind. Der
Regisseur hat viele Ideen, die aber wenig in Bezug zur Handlung stehen.
Die
Personenführung hingegen ist meistens gelungen. Piotr Beczala als Faust zeigt sich
stimmlich einwandfrei, darstellerisch glaubhaft und sieht fabelhaft aus.
Diese Partie liegt seiner Tenorstimme richtig passend.
Als
Margarethe ist Maria Agresta stimmlich gut besetzt, denn ihr Sopran
erfüllt jede der Anforderungen. Darstellerisch lässt sie allerdings
bedenklich kalt.
Ildar Abdrazakov als Mephistopheles
ist es wert, diese Produktion zu sehen, denn er ist der derzeit beste Bass
der Welt. Dazu kommt enorme Spielfreudigkeit, Wendigkeit und Temperament. Er
schließt an die Tradition der ganz großen Bässe an.
Die
Salzburger Festspiele präsentieren immer wieder Neuentdeckungen, die man
sonst nicht so schnell antrifft. So lässt Alexey Markov mit seinem runden, extrem
wohlklingenden Bariton in der Partie des Valentin aufhorchen. Einen solch
erstklassigen Bariton hat man in dieser Partie noch nie zuvor wahrgenommen.
Tara Erraught kann mit ihrem sicheren Sopran
zwar stimmlich punkten, ist aber äußerlich in der Rolle des Sièbel fehlbesetzt. Ihre pummelige, allzu weibliche Figur
ist in Widerspruch zu dem aufgeklebten Bart zu bringen und wirkt daher
äußerst komisch.
Überragend
der Philharmonia Chor Wien, ganz besonders präsent
geben sich die Wiener Philharmoniker unter dem Dirigenten Alejo Pèrez. Dieser Mann hat das
Geschehen fest im Griff.
Große
Begeisterung bringt das Publikum dem Bass Ildar Abdrazakov sowie dem Bariton Alexey Markov
entgegen. Auch alle anderen Solisten können sich des Beifalls erfreuen. Der
Dirigent Perez wird gefeiert. Er lässt Daniel Ottensamer, der als Klarinettist in diesem Werk
stark gefordert ist, sowie den Konzertmeister Rainer Küchl extra erheben, was in
Opernvorstellungen unüblich ist, aber die Hochachtung des Dirigenten vor den
Musikern besonders beweist.
Das
Regieteam wird von Teilen des Publikums mit starken Buhrufen bedacht. Das ist
heutzutage ohnehin nichts Neues.
11. August 2016 Eleonore Moser
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