Sternstunde des Repertoiretheaters"Eugen Onegin" von Peter Iljitsch TschaikowskiVorstellung in der Wiener Staatsoper am 29. Mai 2010Wie sehr das Repertoiretheater in der Oper seine Berechtigung hat, ist in der neuen Besetzung des "Eugen Onegin" sichtbar. Mit dieser Sängerriege gewinnt auch die von Falk Richter seinerzeit erstellte Inszenierung an Dichtheit. Da ist Olga Guryakova eine glaubhaft schwärmerische, junge und schöne Tatjana. Ihr warmer Sopran strahlt in allen Registern viel Gefühl aus und bewältigt auch technisch alle Schwierigkeiten. Nadja Krasteva ist als Olga mit ihrem wohlklingenden Mezzosopran bereits bewährt. Neu als Lenski zu hören ist Pavol Breslik mit heller Tenorstimme, die für diese Rolle hervorragend passt. Auch darstellerisch vermittelt er viel von der Melancholie dieser Figur. Geradezu ideal als Eugen Onegin präsentiert sich Dmitri Hvorostovsky. Die weiße Haarmähne dieses Russen kontrastiert reizvoll zum jugendlichen Gesicht und der athletischen Gestalt. Er ist als leichtsinniger Verführer glaubhaft, verströmt enorme erotische Aura und damit versteht man die Zuneigung von Tatjana. Hvorostovskys Bariton klingt rund im Volumen, farbig, gefühlvoll und männlich, einfach großartig. Selbstverständlich war zu erwarten, dass Ferruccio Furlanetto als Gremin einen weiteren Höhepunkt des Abends setzt. Nach wie vor kann er mit seinem stimmgewaltigen Bassbariton das Publikum für sich einnehmen. Wirkliche Freude ist es, dem Dirigenten Kirill Petrenko zuzusehen. Sein Temperament, seine Liebe und Begeisterung für die Musik, diese Exaktheit, diese Ästhetik der Bewegung von Armen und Händen sind alles Attribute, die sonst nur selten in solcher Ballung wahrzunehmen sind. In der Folge ist das, was man aus dem Orchesterraum hört, von ungemein starker Expressivität. Petrenko atmet trotz schwungvollen Dirigierens stets mit den Sänger und Musikern mit, deshalb gibt es nie Verständigungsschwierigkeiten. Dieser Dirigent erweist sich als echter Profi. Man sollte ihn so oft wie möglich einsetzen. Diese Sternstunde des Repertoiretheaters provoziert viel Applaus und Bravorufe für alle Sänger, besonders jedoch für den Dirigenten Petrenko. Das kleine, unscheinbare Männchen verfügt über Bescheidenheit, so dass es ihm peinlich war, die Begeisterungsstürme sowohl des Orchesters als des Publikums entgegenzunehmen. Seinen Solovorhang kürzte er ab, indem er sofort die Sänger zu sich holte. Er hat manches mit Karajan gemeinsam, bloß seine Bescheidenheit hebt ihn deutlich von diesem ab. 30. Mai 2010 |