Ein Fest für Wagnerianer

"Tristan und Isolde" von Richard Wagner

Premiere am 8. Juli 2006 im Passionsspielhaus Erl

Fast wünscht man sich die Reduktion von hohen Zuschüssen an die Bundestheater, wenn man die Produktion in Erl sieht. Mit sparsamsten Mitteln wurde hier umgegangen und der Effekt ist im Ergebnis stärker als die letzten Neuinszenierungen von Wagner-Opern in Wien.

Da gibt es drei Segeltücher, die an Tauen im Boden verankert sind, drei Sitzbänke aus Holz, die, wären sie nicht ganz so neu, auf einem Schiff gut denkbar sind. Etwas störend ist die Blümchentapete rechts von der Bühne. Doch der Abgang in den Schiffsrumpf, der Stiegenaufgang auf der Burg Kareol, sind in sich logisch und schlüssig. So einfach kann man Effekte erzielen. Die Kostüme allerdings, vor allem die der Frauen, wirken in ihrer Barockheit unfreiwillig komisch. Hier hätte Schlichtheit der Szene weitaus mehr gedient.

Das Orchester ist auf der Bühne im hinteren Teil platziert und nur durch einen dunklen, feinmaschigen Vorhang von dem Handlungsgeschehen getrennt. Im Grunde ist dies durchaus gerechtfertigt, denn der wahre Star in Wagner-Opern, und somit auch in diesem Falle, ist das Orchester. Jede einzelne Solostimme der Orchestermitglieder ist hier von absolut hoher Qualität.

In Michaela Burati hat man eine in jeder Hinsicht überzeugende Isolde gefunden. Sie ist stark im Ausdruck, erfreulich anzusehen und zeigt sich in jeder Stimmlage sicher. Sie schmettert im Forte beeindruckende Töne in den Raum und verfügt ebenso über rund und voll klingende Mittellage und Tiefe. Ihr ebenbürtig ist Monika Waeckerle als Brangäne, die mit ihrem Mezzosopran die schwierigen Brangänen-Rufe nachhaltig in positiver Erinnerung belässt.

Michael Kupfer als junger, draufgängerischer Kurwenal, überzeugt sowohl in seinem Spiel als auch mit seinem Bariton.

Obwohl sein Tenor durchaus auch glanzvolle Momente liefert, ist als einziger Schwachpunkt des Abends Alan Woodrow als Tristan zu nennen. Er kann die Tonlinie nicht halten und rutscht mit seiner Stimme oft ab. Zudem singt er einen halben Ton zu tief, was besonders im ersten Akt befremdlich wirkt. Im dritten Akt hält er erstaunlich gut durch und es ist ihm immerhin anzurechnen, diese Tristan-Produktion ermöglicht zu haben, denn es gibt doch nirgendwo einen idealen Tristan.

Gewöhnt man sich erst einmal an den manchmal etwas hohl klingenden Bassbariton von Duccio Dal Monte, so ist auch dieser als guter König Marke zu bezeichnen.

Jede Partie, und sei sie noch so klein, ist mehr als rollendeckend besetzt. Erwähnenswert ist Drummond Walker als Melot, als Hirt Christian Brüggemann, als Steuermann Arnaud Rouillon, als Stimme eines jungen Seemanns Stephan Zelck.

Speziell aufhorchen lässt der in diesem Falle naturgemäß auf etwa 10 Mann reduzierte Chor, der trotzdem enorme Durchschlagskraft beansprucht.

Selten zuvor habe ich den wichtigen Solo-Part des Englischhornisten (Adrian Buzac) dermaßen schön und richtig spielen gehört und es ist zu begrüßen, dass dieser junge Musiker in der Besetzungsliste erwähnt wird und seine Soloverbeugung gesichert bekam.

Gustav Kuhn ist kein elitärer Spitzendirigent, aber er ist im besten Sinne des Wortes ein ehrlicher Kapellmeister, dem es um die Sache, und nicht um seine Eitelkeit geht. Man darf keine Neudeutung, keine effektvolle Tempi-Auffassung erwarten. Er liefert gute Arbeit und jeder echte Wagnerianer weiß dies zu schätzen. Kuhn als Erfinder und Producer dieses Unterfangens ist es zu danken, wirklichen Wagner-Liebhabern zu solch einem wunderbaren Fest zu verhelfen.

10. Juli 2006
Eleonore Moser