Eine königliche Vorstellung"Don Carlo" von Giuseppe VerdiAufführung an der Bayerischen Staatsoper vom 26. Januar 2012Eine Aufführungsserie der wirklichen Spitzenklasse bietet derzeit die Bayerische Staatsoper mit der Wiederaufnahme von "Don Carlo". Wenn man die Inszenierung von Jürgen Rose in Relation zu manch anderen Neuinszenierungen setzt, dann kann man für die klar verständliche Form der Erzählung dieser Geschichte nur dankbar sein. Zwar ist nicht ganz verständlich, dass man hierfür die Bühne verkleinern musste. Zudem ist das meist in Dunkelheit gehaltene Geschehen oft nur mühsam zu erkennen. Jedoch sind die handelnden Personen schlüssig geführt und es gibt keine inszenatorisch drastisch störenden Elemente. René Pape beeindruckt als fabelhaft singender und spielender Philipp II. Sein Bass ist zu zarten Pianotönen fähig und öffnet sich dann zu donnerndem Forte. Die wunderschöne Anja Harteros gibt eine tief fühlende Elisabeth. Ihr makelloser Sopran ist in allen tiefen, mittleren und hohen Tönen von ausdrucksvoller Gestaltungskraft. Über sie kann man nur schwelgen. Ebenbürtig ist ihr Jonas Kaufmann als Don Carlo. Sein Ausdruck, seine Sensibilität, seine tenorale Strahlkraft sind einfach unerreicht. In dieser Partie hat er mit dem Nachteil zu kämpfen, dass Verdi für den Carlo keine tatsächlich spektakuläre Arie schrieb. Aber immer wieder muss er in Duett-Szenen mit Posa und Elisabeth Spitzentöne von sich geben, die das Publikum letztlich zum Rasen bringen. Jonas Kaufmann und Anja Harteros sind für mich das derzeit absolute Traumpaar der Oper. Als Eboli kann auch Anna Smirnova ihren tragfähigen Mezzosopran voll zum Ausdruck bringen und somit zur fast geschlossen erstklassigen Besetzung dieser Aufführung beitragen. Das "Fast" ist Boaz Daniel als Posa anzurechnen, denn der Einspringer gibt sich zwar redlich Mühe, hat aber Schwierigkeiten, bei hohen Tönen seinen Bariton auf ebener Linie zu halten. Das sind doch immer wieder Unreinheiten merkbar. Mächtig bei Stimme hingegen der Bass Eric Halfvarson als Großinquisitor. Asher Fisch dirigiert das Orchester zwar ambitioniert, jedoch klingt es bei Fortestellen etwas zu derb und breiig. Da sind keine einzelnen Instrumentenstimmen mehr hörbar. Insgesamt aber zählt dieser Abend zu meinen beeindruckendsten Opernerlebnissen. Vor der Vorstellung waren etwa 100 Kartensuchende vor dem Eingang zum Operngebäude zu überwinden. Sie hingen sich wie Trauben an so manchen mit Karte. Die Suchenden wussten offenbar, was ihnen zu entgehen droht. 27. Jänner 2012 |