Symphonischer Traum

"Daphne" von Richard Strauss

Premiere in der Wiener Staatsoper am 13. Juni 2004

Endlich eine Inszenierung in der Wiener Staatsoper, die man ganz und gar bejahen kann. Denn – was in der Vergangenheit oft vergessen wurde – das Publikum hat auch Anspruch auf Ästhetik in optischer Hinsicht. Diese ist im Falle der "Daphne" vollauf gegeben. Regisseur Nicolas Joel sowie Ausstatter Pet Halmen haben für diese Oper einen nachvollziehbaren Handlungsrahmen geschaffen, in dem die Poesie nicht zu kurz kam.

Besonders beeindruckte jedoch der Dirigent Semyon Bychkov, der die raffinierte Orchestrierung vollauf zur Geltung brachte. Geradezu kammermusikalisch mutete es an, wie jedes einzelne Instrument fein ziseliert zu hören war, und dies trotz der bei Strauss üblichen überproportional großen Orchesterbesetzung. Diese Musik führte zu dem Gefühl, zeitweise völlig abzuheben und sich in einem Traum zu befinden.

Durchwegs top besetzt die Sängerpartien: Die sympathische Ricarda Merbeth berührte in Ausdruck und mit sicher geführter Sopranstimme als Daphne, Michael Schade zeigte tenoralen Glanz und enorme schauspielerische Fähigkeiten. Ihm glaubte man den jungen naiven Leukippos.

Stark partienfüllend erschien Walter Fink als Penelos und Marjana Lipovsek bot als Gaea gewohnt hervorragende Präsenz.

Die passenden Worte fehlen geradezu für Johan Botha als Apollo, denn solch eine perfekte Stimme habe ich noch nie zuvor gehört. Dieser metallische und sichere, in jeder Lage souverän und ohne jegliche Anstrengung wohlklingende Heldentenor ist schlichtweg phänomenal.

Das Orchester beeindruckte unter Bychkov, allen voran Rainer Küchl, der in dieser Oper zahlreiche Gelegenheiten hatte, seine Virtuosität auf der Violine vollauf zur Geltung zu bringen. Flötist Dieter Flury wurde ständig gefordert, ebenso Clemens Horak, Oboe und Ernst Ottensamer, Klarinette. Sie und die anderen glänzten mit brillanten Leistungen.

Am Ende gab es vereinzelt Buhrufe für die Regie, welche allerdings bald unter einem Bravoorkan untergingen. Ein wirklich gelungener Abend. Es bleibt zu hoffen, dass das Publikum diese wenig bekannte Oper nun stürmen wird.

14. Juni 2004

Eleonore Moser