"Am Ziel" von Thomas BernhardPremiere am 18. März 2006 im Landestheater Linz - Kammerspiele
Das Stück handelt um die inzestuös-symbiotische Mutter-Tochter-Beziehung. Die Mutter ehelichte seinerzeit einen wohlhabenden Gusswerk-Besitzer, den sie nicht liebte, der ihr jedoch ein sorgenfreies Leben gewährleistete. Der Ehemann, nun schon längst tot, hat Mutter und Tochter neben gesichertem Wohlstand auch eine Villa am Meer hinterlassen, in welcher sie alljährlich eine Zeitlang verbringen. Dieses Mal wurde ein Schriftsteller für einige Tage in das Feriendomizil eingeladen. Um den jungen Mann entsteht ein Werben der beiden Frauen. Die Mutter will ihn nicht ihrer Tochter überlassen, teils weil sie diese Tochter als ihren Besitz betrachtet und diesen Besitz nicht verlieren möchte, teils, weil sie selbst als Frau ihre Bestätigung finden möchte. Wie jedes Stück von Bernhard, hat auch dieses seine Längen, die durch den endlosen Monolog der Mutter das Publikum unruhig werden lassen. Die Regisseurin Sabine Mitterecker zerdehnt manchmal durch überlange Pausen das Stück, welches auch durch ständiges An- und Ausziehen von Stiefeln oder Schuhen, durch Auflegen von CDs und durch Hutschen der Mutter auf einem Schaukelpferd nicht zufriedenstellend gefüllt werden können. "Am Ziel" bedeutet, dass der Mensch nie an seinem Ziel anlangt. Hat er erst einmal ein gesetztes Ziel erreicht, sucht er rastlos nach einem weiteren. So geschieht es in diesem Stück mit dem Ferienaufenthalt. Das ganze Jahr freut sich die Mutter auf diesen, doch wenn sie angelangt ist, bedeutet der Aufenthalt Frustration. Silvia Glogner spielt die Mutter routiniert, bleibt jedoch der Rolle einiges an Schärfe und Ironie schuldig. Sie ist zu sehr bestrebt, eine sympathische Mutter zu verkörpern; aus diesem Grund bleibt sie auf der Bühne etwas blass. Hingegen zeigt Nicole Coulibaly als Tochter trotz wenig Text enorme Präsenz. Lutz Zeidler überzeugt als Schriftsteller in seiner Zerrissenheit und dem Zwiespalt, in dem er sich befindet. Insgesamt eine gelungene Produktion. 19. März 2006 |